von Boris Rhein
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD bietet eine gute Grundlage, um Deutschland in den nächsten Jahren auf allen Ebenen sicherer, souveräner und sozialer zu machen. Von der neuen Bunderegierung kann ein echtes Aufbruchssignal ausgehen – mit einer Politik für mehr Wettbewerb und Wachstum, einer Renaissance der Realpolitik und Lösungen, die das Leben der ganz normalen Menschen im Land verbessern.
Jetzt geht es darum, die für Deutschlands Zukunft entscheidende Politikwende rasch zu schaffen: Bis zur Sommerpause müssen die Weichen gestellt werden für Aufbruch, Entlastung und einen neuen Optimismus in der Bevölkerung.
Allein wird der Bund die großen Herausforderungen unserer Zeit nicht lösen können. Auch wenn es in Berlin manchmal vergessen wird: Die Länder bilden den Bund – und nicht umgekehrt. Für mich steht fest: Die neue Bundesregierung muss die Interessen der Länder wieder stärker berücksichtigen und zu einer Politik auf Augenhöhe zurückkehren.
Die Aussagen im Koalitionsvertrag zur künftigen Zusammenarbeit von Bund und Ländern stimmen mich in dieser Hinsicht optimistisch. Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat deutlich gemacht, dass sie an einer Weiterentwicklung der Beziehungen im föderalen System interessiert ist. Dazu sind für mich vor allem drei Punkte wesentlich:
1. Ausführungsgesetze zum Sondervermögen zügig vorlegen
Das vereinbarte Sondervermögen für Infrastruktur, Digitalisierung und Klimaschutz ist ein Investitions-Impuls mit enormem Potenzial. Nun kommt es darauf an, dass der Bund schnell die Ausführungsbestimmungen erarbeitet, um Planungs- und Investitionssicherheit herzustellen. Das Geld muss zügig in den Ländern ankommen. Nur so können wir Wachstumsimpulse für unsere Wirtschaft setzen, Verkehrswege, Schulen und die digitale Infrastruktur modernisieren und gleichzeitig unsere Haushalte weiter konsolidieren.
2. Konnexitätsprinzip verlässlich verankern
Ich habe die klare Erwartung, dass neue Bundesgesetze, die finanzielle Folgen für die Länder und Kommunen haben, künftig automatisch durch höhere Zuweisungen des Bundes kompensiert werden. Wenn ein Bundesgesetz bei Ländern und Kommunen zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen, zu höheren Personalkosten oder größerem Verwaltungsaufwand führen, muss sichergestellt werden, dass die Mittel bei der ausführenden Ebene ankommen. Der Grundsatz „Wer bestellt, zahlt“ muss wieder stärker gelten. Die Aussagen im Koalitionsvertrag zur „Veranlassungskonnexität“, denen ein eigener Absatz gewidmet ist, sind erfreulich und machen deutlich, dass auf Bundesebene ein Umdenken stattgefunden hat. Jetzt muss auch danach gehandelt werden.
3. Reform des Finanzkraftausgleichs: Hilfe nur gegen echte Reformen
Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht: Er überfordert leistungsfähige Länder und setzt im Gegenzug keine Anreize für Nehmerländer, eigene Sparbemühungen auf den Weg zu bringen. Deshalb gehört der Länderfinanzausgleich dringend reformiert. Gute Ideen für eine Reform liegen vor. Der Kerngedanke dabei lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe statt Daueralimentation“. Wenn die Bundesregierung am politischen Ziel gleichwertiger Chancen für alle festhalten will, muss sie gemeinsam mit den Ländern den Mut zu einer umfassenden Reform des Finanzkraftausgleichs aufbringen. Künftige Zuweisungen sollten an messbare Reformfortschritte in Empfängerländern gekoppelt sein – etwa bei Verwaltungseffizienz und Schuldenabbau.
Für uns in Hessen gibt es weitere wichtige Punkte, die ich zumindest kurz nennen möchte: den Finanzplatz Deutschland stärken, den Luftverkehr gezielt entlasten, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für die Kernfusion und für die Künstliche Intelligenz setzen, den Biotech-Standort weiter voranbringen.
Die Herausforderungen sind groß. Deutschland steht vor einer echten Richtungsentscheidung: Wollen wir in wirtschaftlicher Stagnation verharren und Länder und Kommunen mit immer neuen Aufgaben ohne konkreten finanziellen Ausgleich auf Dauer überfordern? Oder wollen wir ein Deutschland, das wirtschaftlich stark ist und in dem sich Leistung wieder lohnt? Die Chance für ein neues deutsches Jahrzehnt ist greifbar. Jetzt ist der Zeitpunkt, um den Föderalismus fit für die anstehenden Herausforderungen zu machen. Wenn Bund und Länder wieder als echte Partner agieren, dann gelingt der Aufbruch.
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Autor: Boris Rhein ist Hessischer Ministerpräsident.
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