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Weichenstellung für Deutschlands Zukunft: Sechs föderale Forderungen an die neue Bundesregierung

von Maximilian Gludau

Die politischen Entscheidungen der künftigen Bundesregierung werden die Entwicklung der Bundesrepublik in den kommenden (voraussichtlich) vier Jahren und darüber hinaus maßgeblich prägen. Angesichts globaler Herausforderungen und innerstaatlicher Reformstaus ist ein umfassender Innovations- und Modernisierungsschub dringend notwendig. Sowohl in der Energiepolitik als auch in der Infrastruktur, im Staatsaufbau und in der Haushaltspolitik: Der Handlungsdruck ist enorm. Aus föderaler Sicht ergeben sich sechs zentrale Forderungen für die nächste Bundesregierung:

Erstens: Haushaltspolitik mit Verantwortung

Als junger Abgeordneter ist es mir ein besonderes Anliegen, dass die neue Bundesregierung keine weiteren Schulden aufnimmt, denn mit einem Schuldenstand von rund 2,5 Billionen Euro (Stand: 17.04.2025) steht Deutschland bereits heute vor einer enormen finanziellen Hypothek. In der vergangenen Legislaturperiode wurden durch die Ampel-Koalition drei Sondervermögen mit einem Gesamtvolumen von rund 400 Milliarden Euro aufgelegt. Zuletzt ließ der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz am 18.03.2025 noch mit der „alten“ Zusammensetzung des Bundestages ein weiteres Finanzpaket im Umfang von 500 Milliarden Euro beschließen. Was kurzfristig die Handlungsfähigkeit der Exekutive stärkt, wird langfristig zur Last für die junge Generation. Neue Schulden dürfen deshalb nur in zukunftsweisende Investitionen fließen – konsumtive Ausgaben müssen tabu bleiben.

Zweitens:  Regionalisierungsmittel anpassen – ÖPNV stärken

Die Kosten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere im Schienenpersonennahverkehr (SPNV), steigen kontinuierlich. Seit 1996 erhalten die Länder sogenannte Regionalisierungsmittel zur Finanzierung des SPNV – doch diese reichen angesichts der steigenden Kosten längst nicht mehr aus. Mit der Einführung des äußerst erfolgreichen Deutschlandtickets ist die Nachfrage im ÖPNV sprunghaft gestiegen. Das Angebot muss deshalb dringend ausgebaut werden. Dafür benötigen die Länder zusätzliche Regionalisierungsmittel vom Bund. Nur mit einer leistungsfähigen Infrastruktur im Nahverkehr kann eine echte Wahlfreiheit des Verkehrsmittels gewährleistet werden.

Drittens:  Mehr Verantwortung des Bundes beim Wohngeld

Zum 1. Januar 2025 wurde das Wohngeld um rund 15 Prozent erhöht – eine turnusgemäße Anpassung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Dynamisierung, die alle zwei Jahre durchgeführt wird. Die Folgen dieser Entscheidung tragen jedoch auch die Länder, die die Kosten je zur Hälfte mit dem Bund teilen. Wenn der Bund Sozialleistungen ausweitet, muss er auch bereit sein, die finanziellen Konsequenzen zu tragen. Eine höhere Beteiligung des Bundes am Wohngeld ist daher zwingend geboten.

Viertens: Planungsbeschleunigung – Vertrauen zurückgewinnen

Seit vielen Jahren weisen wir Liberale darauf hin, dass langwierige Genehmigungsverfahren Infrastrukturprojekte ausbremsen. Eine Autobahnplanung über Jahrzehnte – für viele Bürgerinnen und Bürger kaum nachvollziehbar. Ein zentraler Hebel für mehr Tempo auf Landesebene ist die Wiedereinführung der sogenannten materiellen Präklusion. Damit wären in einem Verwaltungsprozess Einwendungen nach einem Fristversäumnis nicht mehr wirksam. Eine klare Regelung auf europäischer Ebene wäre ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung und würde das Vertrauen in staatliches Handeln stärken.

Fünftens: Windkraft: Wirtschaftlichkeit vor Quote

Das „Windenergie-an-Land“-Gesetz verpflichtet die Länder zur Ausweisung konkreter Flächenziele. Doch die Vorgaben benachteiligen einige Länder erheblich. Sachsen-Anhalt etwa soll bis Ende 2032 rund 2,2 Prozent seiner Landesfläche für Windkraftanlagen bereitstellen. Statt politisch festgelegter Quoten sollte der Ausbau der Windenergie stärker nach Wirtschaftlichkeit und Bedarf erfolgen. Nur so lässt sich eine gesellschaftlich akzeptierte Energiepolitik gestalten.

Sechstens: Staatsmodernisierung – nicht nur durch Zentralisierung

Staatsmodernisierung geht bei vielen Politikerinnen und Politikern gewohnheitsmäßig mit einer Zentralisierung einher. Doch die Reduktion von Behörden allein reicht nicht aus. Vielmehr braucht es eine Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen. In manchen Bereichen ist eine Dezentralisierung sinnvoll. Kompetenzen sollten dort liegen, wo sie effizient und bürgernah wahrgenommen werden können.

Autor: Maximilian Gludau, MdL, ist Sprecher für Bauen und Verkehr sowie Sprecher für Petitionen, der FDP-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt.

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