von Hans-Ulrich Rülke
Aus Ländersicht sind erhebliche, notwendige Änderungen in der Finanz-, Wirtschafts-, Klima- und Migrationspolitik die zentralen Themen. Eine gewaltige Schuldenorgie dehnt sich auch auf die Länder aus. Das wurde an den Länderparlamenten vorbei beschlossen, in die Landesverfassungen wurde damit eingegriffen. Es ist völlig unklar, wie sich die künftig zusätzliche Verschuldung auf die Länder verteilt. Als Konsequenz steht auf alle Fälle fest: In Kombination mit den schwarz-roten Vorhaben, insbesondere im Bereich der Rente, kommt es zu massiven konsumtiven Ausgaben, die zu Lasten der notwendigen Infrastrukturprojekte gehen werden. Dieser Schuldenkoalition wird im regulären Haushalt trotz der billionenschweren Extraschulden absehbar das Geld ausgehen. Die aktuell bereits vergleichsweise hohen Zinsen werden weiter ansteigen und auch den Ländern die Refinanzierung erschweren. Gönn-Dir-Was-Projekte wie ein zusätzliches Ministerium sind da kontraproduktiv und zeigen die falsche Richtung. Von einer weitergehenden Schleifung der Schuldenbremse ist auszugehen. Generell startet die Schuldenkoalition europapolitisch fatal, sie gefährdet mit dem maßlosen Bruch sämtlicher Fiskalregeln die gesamteuropäische Stabilität bis hin zur gemeinsamen Währung.
Es braucht jetzt strukturelle Weichenstellungen - wie den Einstieg in eine Kapitaldeckung bei der Rente, zeitnahe Steuersenkungen und die Beseitigung sämtlicher Wachstumshemmnisse für unsere Wirtschaft. Wir brauchen die Anpassung des Ziels der Klimaneutralität von 2045 auf das europäische Datum 2050. Diese Abweichung vom europäischen Rahmen wird Deutschland voraussichtlich 750 Milliarden Euro kosten, ohne auch nur ein einziges Gramm CO2 einzusparen. Dabei entfallen allein auf Baden-Württemberg ganz erhebliche Summen, die besonders die energieintensive Industrie im Maschinen- und Fahrzeugbau treffen werden. Es bringt erst recht nichts, im windschwächsten Bundesland einfach mehr Windräder zu bauen. Im Gegenteil entsteht durch den europäischen Emissionshandel die Situation, dass jedes von Deutschland nicht verbrauchte Zertifikat von jemand anderem in Europa genutzt wird. Die baden-württembergische Industrie hat damit weniger Zeit für die Umstellung auf eine klimafreundlichere Produktion.
Die Union hat nach der Europawahl nun bereits zum zweiten Mal ihr Wahlversprechen gebrochen, das Verbrenner-Verbot endlich zu kippen. Dieses Verbot wird den deutsche Spitzenplatz bei der Motorentechnologie kosten. Es wird am Automobilstandort Baden-Württemberg großen Schaden anrichten und Arbeitsplätze vernichten, ebenso wie die Flottengrenzwerte, die ersatzlos gestrichen gehören. Auch sonstige Erleichterungen für die Wirtschaft bleiben aus. In Deutschland soll die Unternehmenssteuer erst ab 2028 um gerade mal ein Prozent gesenkt werden und selbst das bleibt ungewiss: Es gilt der Finanzierungsvorbehalt.
Für Land und Kommunen von essenzieller Bedeutung ist ein Kurswechsel in der Migrationspolitik. Bei der Unterbringung und Versorgung von Migranten arbeiten viele Gemeinden bereits seit langem am Limit der Leistbarkeit und der Finanzierbarkeit. Ziel einer Migrationspolitik muss sein, dass die Arbeitswilligen zuwandern können, wenn sie sich an unsere Regeln halten. Illegale Zuwanderer müssen bereits an den Grenzen zurückgewiesen werden, notfalls auch gegen den Willen der Nachbarstaaten. Die gängige Praxis vieler europäischer Staaten wird so beendet, ankommende Asylsuchende einfach nach Deutschland weiterzuwinken. Die Kontrolle über illegale Migration gehört letztlich an die europäischen Außengrenzen. Gleichzeitig muss es erheblich einfacher werden, geordnete Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wertschöpfung kann nur entstehen, wenn Unternehmen die Menschen, die sie einstellen wollen, auch zügig und unkompliziert einstellen können. Auf diese Wertschöpfung bleibt nicht nur Baden-Württemberg, sondern ganz Deutschland angewiesen.
Autor: Dr. Hans-Ulrich Rülke, MdL, ist Fraktionsvorsitzender der FDP/DVP-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg.
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