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Quantencomputing: So vermeidet Deutschland seinen nächsten MP3-Moment

von Jan Goetz

Quantencomputing wird unsere Wirtschaft, Gesellschaft und Sicherheit revolutionieren.  Quantencomputer können komplexe Probleme viel schneller als heutige Supercomputer lösen. Denn sie nutzen nicht wie herkömmliche Supercomputer binäre Bits, sondern Quantum Bits. Dadurch können Berechnungen parallelisiert und die Rechenzeit exponentiell beschleunigt werden. Komplexeste Berechnungen können somit in Rekordzeit absolviert werden.

Ganze Branchen wie die Pharma-, Chemie- oder Autoindustrie stehen vor einem Umbruch und auch sicherheitsrelevante Anwendungen in Cybersecurity und Verteidigung können erheblich beschleunigt werden. Für die Nutzung von KI und den Betrieb von Rechenzentren können Quantencomputer den benötigten Energiebedarf spürbar senken. Der Quantencomputer-Markt ist schon jetzt rund eine Milliarde Dollar wert. Das wirtschaftliche Potential bis 2040 liegt laut McKinsey bei 130 Milliarden Dollar.

Kurzum: Wer als Staat oder Staatenverbund führend bei Quantentechnologie ist, steigert seine Wettbewerbsfähigkeit, technologische Souveränität, digitale Resilienz und Verteidigungsfähigkeiten.

Um bei Quantencomputing erfolgreich zu sein, braucht es ausreichend Kapital in Form von Förderung und privaten Investments. Dabei sehen wir den bekannten Wettbewerb zwischen den USA, China und Europa. Erfreulich ist: Europa kann vorne mitspielen. Noch erfreulicher: Deutschland kann dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Deutschland ist bestens in Forschung und Wissenschaft aufgestellt. Das bestätigte zuletzt die deutsche „Expertenkommission Forschung und Innovation“ in ihrem Jahresgutachten. Zahlreiche Forschungsinstitute betreiben exzellente Grundlagenforschung in der Quantentechnologie. Viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Deutschland nutzen schon jetzt Quantencomputer. Sie kooperieren dabei innerhalb mehrerer Ökosysteme mit vielversprechenden Start-ups und Unternehmen, wie etwa IQM, das Quantencomputer an das Leibniz- sowie Jülich Supercomputing Centre geliefert hat und Full-Stack Quantensyteme sowie Anwendungen entwickelt.

Vonseiten der Politik gibt es zudem mit dem 2023 verabschiedeten „Handlungskonzept Quantentechnologien“ ein ambitioniertes Förderregime bis 2026. Bis zu drei Milliarden Euro werden in Forschungs- und Anwendungsprojekte investiert. Das ist einsame Spitze in Europa und hilft Unternehmen, kapitalintensive Entwicklungsarbeit erfolgreich durchzuführen.

Deshalb braucht es jetzt strategische Weichenstellungen: Um die Vorreiterrolle in Europa zu behalten und Motor der europäischen Ambitionen im Bereich Quantencomputing zu werden, braucht es von der nächsten Bundesregierung ein klares politisches Commitment sowie eine Strategie zur Förderung von Quantencomputing.

Vier Impulse, wie ein solches Commitment aussehen kann:

1.     Mehr Förderung in die technische Infrastruktur, wie etwa Rechenzentren, um die eigene strategische Autonomie im Bereich Computing auszubauen;

2.     Entwicklung attraktiver Rahmenbedingungen, die privates Kapital mobilisieren wie etwa die Aktivierung von Pensionsfonds. Zudem sollten Geschäftsmodelle unterstützt werden, die eine Skalierung leistungsfähiger Quantencomputer vorantreiben;

3.     Der Staat sollte als Ankerkunde für Unternehmen und Start-ups auftreten und bestehende Innovationsökosysteme aus Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen mit mehr Ressourcen und Anreizen unterstützen;

4.     Aufsetzen spezifischer Förderprogramme zur Entwicklung von Innovationen im Verteidigungsbereich zur Stärkung von Innovation und zur Reduzierung externer Abhängigkeiten.

 

Quantencomputing muss deshalb Teil der geplante High-Tech-Agenda werden. Auch sollte das aktuelle Handlungskonzept mit europäischen Zielen verknüpft und zu einer deutschen Quantenstrategie über 2026 hinaus ausgebaut werden.

Wir müssen einen erneuten MP3-Moment für Deutschland und Europa verhindern. Deutschland hat das Potential, in Europa eine führende Position im Bereich Quantencomputing einzunehmen und damit im internationalen Wettbewerb an die Spitze zu bringen. Das gilt es zu nutzen.

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Autor: Jan Goetz ist CEO von IQM Quantum Computers.

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