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Positive Signale für die Energieversorgung – doch es geht mehr

von Andreas Feicht

Der vorliegende Koalitionsvertrag setzt positive Signale für die Energieversorgung in Deutschland. Hervor sticht die klare Ausrichtung auf Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit – Aspekte, die in den letzten drei Jahren schmerzlich vermisst wurden.

Der netzsynchrone Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein entscheidender Fortschritt, um die Energiewende voranzutreiben und gleichzeitig die Stabilität des Stromnetzes bei geringstmöglichen Kosten zu gewährleisten. Ebenso sinnvoll sind die geplante Senkung der Energiepreise durch eine reduzierte Stromsteuer und die Bezuschussung der Netzkosten durch den Bundeshaushalt. Allerdings dürften diese Maßnahmen fiskalisch langfristig kaum tragbar sein. Hier sollten die Verhandlungspartner nachbessern und nach Wegen suchen, um die Systemkosten merklich zu senken.

Entscheidend für die Bezahlbarkeit von Energie sind niedrige Gaspreise, denn sie bestimmen über die Merit Order die Großhandelspreise im Stromsektor. Sie sind elementar für die Industrie und den Gebäudesektor. Die im Koalitionsvertrag skizzierten langfristigen Gaslieferverträge für Deutschland sind daher sehr zu begrüßen. Sie bieten nicht nur Kostenvorteile, sondern stärken auch die strategische Unabhängigkeit Deutschlands. In diesem Zusammenhang wäre die inländische Gasförderung eine folgerichtige Ergänzung. Sie könnte sowohl die Kosten senken als auch die Versorgungssicherheit erhöhen. Der Appell an die Politik lautet, an dieser Stelle über ihren Schatten zu springen.

Auch im Netzausbau steckt erhebliches Sparpotenzial. Neben dem netzsynchronen Ausbau der erneuerbaren Energien spielen die Standards eine bedeutende Rolle. Die von der Union präferierten Freileitungen sind im Vergleich zur Erdverkabelung dreifach im Vorteil. Freileitungen wären nicht nur um den Faktor vier günstiger in der Investition, sondern haben auch geringere Betriebskosten und eine längere Lebensdauer. Es ist enttäuschend, dass sich die SPD gegen den Vorrang von Freileitungen gegenüber der Erdverkabelung sperrt.

Beim Umbau des Stromerzeugungsmarktes muss neben dem netzsynchronen Ausbau der erneuerbaren Energien auch die Versorgungssicherheit in den Blick genommen werden. Die Einführung eines Kapazitätsmarktes ist unumgänglich, um notwendige neue Gaskraftwerke zu bauen, die die Zeiten einer Dunkelflaute überbrücken. Zudem ist nur mit einem Kapazitätsmarkt die Einbindung von Reservekraftwerken in den Strommarkt zu gewährleisten. So lassen sich Marktverzerrungen vermeiden und eindeutige Investitionssignale senden. Auch im Wasserstoffmarkt ist mehr Pragmatismus anzumahnen, um die Kosten zu senken.  So sollte die Farbenlehre des Wasserstoffs noch einmal überdacht und neben der sehr engen Definition des grünen Wasserstoffs der Weg auch für andere Technologien geebnet werden.

Noch ein Wort zur Wärme: Eine der größten Herausforderungen ist der Fernwärme-Ausbau. Die aktuelle Bereitschaft, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) fortzuführen, ist lobenswert – allerdings sollten die Koalitionäre das Programm ausreichend und fortlaufend mit Finanzmitteln ausstatten. 3,5 Milliarden Euro pro Jahr – wie von der SPD vorgeschlagen – sind notwendig, um die angepeilten Ziele zu erreichen. Die Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplung und die langfristige Nutzung von Wasserstoff in den Anlagen sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen für das Gelingen der Wärmewende.  

Ein Aspekt fehlt übrigens im Vertragsentwurf: Angesichts der vielfältigen Bedrohungsszenarien für unser Land sind klare Aussagen unerlässlich, wie die Sicherheit der deutschen Energieversorgung gewährleistet werden kann. Ein Vorschlag wäre, einen Operationsplan für die Energieinfrastruktur zu erarbeiten, der detailliert Maßnahmen zur Sicherung dieser kritischen Infrastruktur definiert und sowohl den Cyberraum, die Drohnenabwehr als auch die militärische Flugabwehr einbezieht.

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Autor: Andreas Feicht ist Vorstandsvorsitzender der Rheinenergie AG.

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