Von Daniel Born
Unsere Demokratie steht unter Druck. Die neue Bundesregierung tritt ihr Amt an in einer Zeit multipler Krisen: Internationale Unsicherheit, wirtschaftliche Umbrüche, wachsender Extremismus im Inneren. Als größte Volkswirtschaft in Europa muss Deutschland in dieser Phase schnell handlungsfähig sein. Und wir müssen unsere Demokratie stärken, indem wir den Staat wieder spürbar machen: als verlässlich, gerecht, zukunftsfähig.
Als Vizepräsident des baden-württembergischen Landtags weiß ich: Demokratie verteidigt sich nicht von selbst. Sie braucht eine Regierung, die klare Kante gegen ihre Feinde zeigt – und den Mut, tiefgreifende Reformen für mehr Zusammenhalt und Gerechtigkeit anzugehen. Dafür gibt es im Entwurf des Koalitionsvertrages gute Ansatzpunkte. Entscheidend ist jetzt die Umsetzung – mit Haltung, mit Konsequenz und mit einem klaren Kompass.
Ein handlungsfähiger Staat – in Bund, Ländern und Kommunen
Wer Vertrauen in die Demokratie will, muss für einen Staat sorgen, der funktioniert. Deshalb ist es richtig, dass die künftige Koalition ein enormes Finanzpaket geschnürt hat, um Investitionen zu ermöglichen. Damit diese Investitionen wirken können und spürbar bei den Menschen ankommen, müssen jetzt dringend Verfahren vereinfacht und Prozesse verschlankt werden. Auch die Länder haben finanzielle Spielräume erhalten, die sie klug nutzen müssen, auch um die Kommunen zu stärken. Denn zu Hause, vor ihrer Haustür erleben die Menschen die Demokratie und den Staat am direktesten. Vertrauen in einen handlungsfähigen Staat muss genau hier geschaffen werden. Gleichzeitig müssen wir in die Menschen selbst investieren, die den Staat tragen: 15 € Mindestlohn, gute Arbeitsbedingungen, gezielte Nachwuchsförderung im öffentlichen Dienst.
Der Föderalismus als Kraftzentrum der Demokratie
Als Landespolitiker weiß ich: Viele Lösungen entstehen nicht im Kanzleramt, sondern vor Ort – in den Landtagen, den Rathäusern, den Klassenzimmern. Die Bundesregierung sollte den Föderalismus gezielt stärken, indem Bund, Länder und Kommunen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. In der Bildungspolitik ist es gut, wenn die Länder den Hut aufhaben. Aber gezielte Kooperation ist im Bildungsbereich wichtig. Der Bund kann durch kluge Investitionen in die frühkindliche Bildung, in den Aufbau multiprofessioneller Teams, in die Digitalisierung von Schulen sowie in die Gewinnung und (Weiter-)Bildung von Fachlehrkräften aktiv unterstützen.
Aufschwung für die Wirtschaft und Respekt vor Lebensleistung
Damit die Menschen wieder mehr Vertrauen in den Staat und unsere Demokratie fassen, muss es einer neuen Bundesregierung gelingen, die Wirtschaft anzukurbeln und die Arbeitnehmer*innen und Familien dabei mitzunehmen. Die Investitionen in die Verbesserung unserer Infrastruktur – in Schienen und Straßen, in wirksame Schritte zur Klimaneutralität und in sichere Arbeitsplätze müssen deshalb schnell spürbar werden. Ein Industriestrompreis, vereinfachte Zuwanderung von Fachkräften und Spitzenforscher*innen, der Bonus für Unternehmensinvestitionen in Deutschland müssen schnell umgesetzt werden. Gleichzeitig muss die Regierung die Tarifbindung stärken, das Rentenniveau sichern, Mieten stabilisieren, das Deutschlandticket fortführen und massiv in den sozialen Wohnungsbau investieren. Das wirkt sich unmittelbar auf das Leben der Menschen aus und macht deutlich: Deutschland ist ein starkes Land, in dem man sehr gut leben kann.
Starke Demokratie durch gute Zusammenarbeit
Unsere Demokratie ist offen, aber nicht wehrlos. Alle Partner in der neuen Bundesregierung müssen stabil gegen jede Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten stehen. Gegen zunehmende Demokratieskepsis und erstarkenden Rechtspopulismus gilt es klar und spürbar die Handlungsfähigkeit des Staates zu stärken. Das kann nur gelingen, wenn die drei Regierungsparteien respekt- und vertrauensvoll miteinander zusammenarbeiten und Streitpunkte nicht auf der offenen Bühne austragen. In gemeinsamer Verantwortung unser Land voranzubringen ist jetzt wichtigste Aufgabe und muss klar über den Profilierungsinteressen der einzelnen Regierungspartner stehen.
Autor: Daniel Born ist Vizepräsident des Landtags in Baden-Württemberg (SPD).
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