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Das Prinzip „Wursttheke“ reicht nicht! Deutschland braucht mutige Reformen

von Florian Rentsch

Wenn man den politischen Debatten dieser Tage folgt, fühlt man sich unweigerlich an die gute alte Wursttheke erinnert: „Darfs auch etwas mehr sein?“ Nun sind Sondervermögen und Neuregelung der Schuldenbremse beschlossene Sache. Jenseits der Frage, wie man diese Herangehensweise einer neuen Koalition bewertet, muss man aus Sicht eines geneigten Beobachters konstatieren: Es ist in jedem Fall Zeit, dass sich Politik nun den notwendigen und längst überfälligen Reformen widmet. Dies gilt auch für Themen, die zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland aus Sicht der Sparda-Banken unerlässlich sind.

Wohnungsbau: Banken als Partner einbinden

Die Politik verfehlt seit Jahren sämtliche selbstgesteckten Wohnbauziele. Rund eine Million Wohnungen fehlen, und Jahr für Jahr wächst die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot. Wir müssen dem Wohnraummangel konsequent begegnen, indem wir Banken wieder als starke Partner der Menschen sehen.

·       Abschaffung der antizyklischen Kapitalpuffer bzw. sektoralen Systempuffer auf Wohnimmobilien.

·       Verzicht auf die flächendeckende Einführung einer „Green-Asset-Ratio“.

·       Abschaffung der Grunderwerbsteuer auf die erste selbstbewohnte Immobilie.

·       Zusammenführung und Vereinfachung von Förderprogrammen der KfW und anderer Institutionen.

·       Serielles Bauen und Sanieren sowie die Vereinheitlichung von Landesbauverordnungen.

·       Absehen von Eingriffen wie Mietpreisbremse, Mietendeckel und von Enteignungsfantasien.

Bankenregulierung: Komplexität spürbar verringern

Mehr Augenmaß in der Regulierung bedeutet auch, „one size fits all“ kann nicht funktionieren, die besonderen Bedürfnisse kleiner und mittlerer Banken müssen stärker berücksichtigt werden.

·       Einführung eines „KMU-Fitnesstests“ für Banken. Benötigt werden zuerst klare und überschaubare Regeln für kleinere, weniger riskant agierende Häuser. Für komplexere Strukturen und größere Häuser können dann zusätzliche Regeln „draufgesetzt“ werden.

·       Umsetzung des „Omnibus Simplification Package“ sowie ein Moratorium für weitere Regulierung.

·       Verringerung von Berichtspflichten und Abbau von Redundanzen bspw. im Meldewesen.

Finanzieller Verbraucherschutz: Bürokratie eindämmen

Wir müssen die Rechte der Verbraucher schützen. Das heißt: Unnötige Berichtspflichten abschaffen und allen Menschen eine breite Teilhabe am Kapitalmarkt ermöglichen:

·       Pflichtdokumente und Präferenzabfragen so anpassen, dass die wesentliche Information für Kunden wieder konsumierbar und verständlich wird.

·       Den Kleinanleger stärken und ihn zu fairen Konditionen an den Kapitalmarkt bringen. Hierzu braucht es ein Level Playing Field, auch für Finfluencer oder neue Marktteilnehmer. Regulatorisch bedingte Kostenzuwächse in der Beratung – etwa durch ein Provisionsverbot - treiben Anleger in Produkte ohne Beratung – dies kann nicht gewollt sein. Beim Benchmarking („Value for money“) kommt es auf die richtigen Standards an: Gleiches sollte nur mit gleichem verglichen werden.

·       Den AGB-Änderungsmechanismus endlich ermöglichen. Wer nicht fristgerecht widerspricht, stimmt zu – mit dieser Grundregel können wir Kunden und Banken von AGB-Materialschlachten entlasten.

 

 

Private Altersvorsorge: Anreize zur Vermögensbildung verstärken

Eine Reform der Altersvorsorge ist schon längst überfällig, eine deutliche Ausweitung der Förderung der privaten und betrieblichen kapitalgedeckten Altersvorsorge unerlässlich.

·       Überbordende bürokratische Verfahren wie bei der Riester-Rente sind zu vermeiden.

·       Das Zulagensystem ist so zu überarbeiten, dass vor allem Geringverdiener einen Anreiz erhalten, fürs Alter zu sparen.

·       Garantiepflichten hindern Kapitalsammelstellen daran, in renditeträchtigere Anlageklassen zu investieren, und sollten daher reduziert werden.

·       Die Einführung eines staatlich geförderten, möglichst flexiblen privaten Altersvorsorgedepots wieder auf die Tagesordnung setzen.

 

Digitaler Euro: Wettbewerbsverzerrungen vermeiden

Bei der Diskussion um einen Digitalen Euro ist es wichtig, Wettbewerbsverzerrungen durch ein Auftreten der EZB als Marktteilnehmer zu vermeiden. Es gibt zahlreiche privatwirtschaftliche Lösungen im Markt, die bereits breit genutzt werden.

·       Ausgestaltung des digitalen Euro als reines Zahlungsmittel mit unbedingt notwendigen Basisfunktionen (bspw. Keine EZB-eigene Wallet).

·       Eine Konzentration auf digitale Zentralbankwährungen (wholesale-CBDC) für den Finanzmarkt.

·       Die Gewährleistung von Anonymität, gleichzeitig Prävention gegen Geldwäsche.

Aus unserer Sicht darf es gerne „etwas mehr“ sein. Nicht Wurstaufschnitt und schon gar nicht Regulierung. Aber mehr entschiedene Maßnahmen zur Sicherstellung eines gut funktionierenden Finanzmarktes.

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Autor: Florian Rentsch ist Vorstandsvorsitzender des Verbands der Sparda-Banken.

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