Table.Forum

Digitale Souveränität: Die Zeit zum Handeln ist jetzt

Von Ralf Wintergerst

Ohne Hard- und Software oder Clouddienste aus dem Ausland läuft in der deutschen Wirtschaft wenig: 90 Prozent der Unternehmen sind abhängig von Digitalimporten – insbesondere aus den USA und China. Und die große Mehrheit von ihnen wäre nur kurzzeitig überlebensfähig, sollten die Importe gestoppt werden. Die sich zuspitzende geopolitische Lage zeigt, welche Brisanz diese Abhängigkeit mit sich bringt. Digitale Souveränität ist kein abstraktes Schönwetter-Thema, sie entscheidet über unsere Wettbewerbsfähigkeit, unsere Handlungsfähigkeit und letztlich über Wohlstand und Sicherheit. Nicht in ferner Zukunft, sondern jetzt. Doch aktuell hängt Deutschland in vielen Bereichen und insbesondere bei digitalen Schlüsseltechnologien hinterher. Diese Abhängigkeit macht uns nicht nur wirtschaftlich verwundbar, sondern auch politisch erpressbar. In einer Welt, in der technologische Dominanz immer stärker zur geopolitischen Machtfrage wird, muss Deutschland dringend handeln. Die neue Bundesregierung steht vor der gewaltigen Aufgabe, nach Jahrzehnten steigender technologischer Abhängigkeit nun eine Trendwende einzuleiten und Deutschlands digitale Souveränität in kurzer Zeit massiv zu stärken.

Digital souverän ist ein Land dann, wenn es eigene substanzielle Fähigkeiten in digitalen Schlüsseltechnologien besitzt und selbstbestimmt darüber entscheiden kann, aus welchen Ländern es digitale Technologien bezieht. Ein digital souveränes Land ist nicht einseitig abhängig und auch nicht erpressbar. Gleichzeitig bedeutet digitale Souveränität nicht Autarkie. Es geht also nicht darum, alles selbst zu machen, es geht um Selbstbestimmung. Wichtig sind eigene Fähigkeiten in Schlüsseltechnologien, sie müssen gezielt gefördert und Investitionen in digitale Lösungen müssen in Deutschland und Europa hochgefahren werden. Das heißt: Wir brauchen unter anderem ein eigenes starkes Halbleiter-Ökosystem in Europa, wir müssen Deutschland zu einem KI- und Quantum-Hotspot machen und mehr eigene Superscaler und auch mindestens einen Hyperscaler aufbauen. Auch unsere Infrastrukturen müssen leistungsfähiger werden. Bei Rechenzentren liegen Deutschland und Europa derzeit deutlich hinter den USA und auch China zurück. In den USA werden jedes Jahr zwei- bis dreimal so viele Rechenzentrumskapazitäten neu zugebaut, wie in Deutschland überhaupt installiert sind. Wenn wir technologisch Schritt halten und unsere digitale Souveränität stärken wollen, braucht es eine leistungsfähige und resiliente Infrastruktur. Das alles ist eine Herausforderung, aber sie ist zu leisten.

Die technologische Substanz ist da: Mehrere deutsche Weltmarktführer spielen bei digitalen Technologien und Services ganz vorn mit. So spielt Zeiss eine Schlüsselrolle in der weltweiten Halbleiterproduktion, 80 Prozent aller Microchips weltweit werden mit Technologien von Zeiss hergestellt. Siemens und SAP spielen global in der ersten Liga, in der IT- und Cyber-Sicherheit sind wir gut aufgestellt. Beim Industrial Metaverse und dem Digitalen Zwilling sind wir ganz weit vorne und auch in der digitalen Gesundheitsversorgung und Medizintechnik steht Deutschland weltweit mit an der Spitze. Darauf können wir aufbauen. Wichtig ist, dass die Politik die Bemühungen der Wirtschaft gezielt fördert und flankiert und das in den letzten Jahren zu eng geschnürte regulatorische Korsett wieder lockert.

Deutschland steht an einem digitalen Wendepunkt. Digitalpolitik muss in dieser Legislaturperiode zum Schwerpunkt werden. Das neu geschaffene Digitalministerium muss dafür die Zuständigkeit für die digitalen Kernthemen erhalten und mit den notwendigen Koordinierungsrechten, einem Digitalvorbehalt, einem auskömmlichen Budget und einem ausreichenden Einzelplan ausgestattet werden. Nur so kann es zum Antreiber für die Digitalisierung werden. Die neue Regierung muss unter Beweis stellen, dass sie handlungsbereit und handlungsfähig ist, Herausforderungen und Probleme erkennt, angeht und löst – insbesondere im Digitalen.

Wenn Deutschland jetzt entschieden handelt, kann es sich als starker Player in der digitalen Welt positionieren – und damit seine Wettbewerbsfähigkeit, seine Sicherheit und seinen Wohlstand nachhaltig sichern. Digitale Souveränität ist kein Nice-to-Have, sie ist unser Pflichtprogramm.

- - -

Autor: Dr. Ralf Wintergerst ist Präsident des Bitkom.

Digitale Souveränität entscheidet über Deutschlands und Europas Handlungsfähigkeit im globalen Wettbewerb. Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft erläutern in diesem Table.Forum, warum und wie strategisch investiert, föderale Strukturen modernisiert und digitale Kompetenzen gestärkt werden müssen – technisch, politisch und gesellschaftlich.

Unser Partner: Schwarz Digits ist die IT- und Digitalsparte der Schwarz Gruppe, einer international führenden Handelsgruppe (Lidl, Kaufland). Schwarz Digits bietet digitale Produkte und Services an, die den hohen deutschen Datenschutzstandards entsprechen. Zu den souveränen Kernleistungen von Schwarz Digits gehören Cloud, Cybersicherheit, Künstliche Intelligenz, Kommunikation und Workplace.

Impressum

Table.Forum ist ein Angebot von Table.Briefings
Leitung: Regine Kreitz (v.i.S.v. § 18 Abs. 2 MStV)
Table Media GmbH, Wöhlertstraße 12-13, 10115 Berlin · Deutschland,
Telefon +49 30 30 809 520
Amtsgericht Charlottenburg HRB 212399B, USt.-ID DE815849087
Geschäftsführer Dr. Thomas Feinen, Jochen Beutgen